Belletristik mit 15-jähriger Recherche Ein Roman, der u.a. eine für mich neue Sexvariante verrät: AHV (Achselhöhlenverkehr) . Meyer nähert sich dem Prostitutionsphänomen, indem er vermeintliche Randbereiche einschließt. - Ergebnis ist ein kleines Gesellschaftsepos. Empfehlung. Leseprobe Im Stein von Clemens Meyer Eins, zwei, drei I (Girl Girl Girl. Lass mal sehn, wie die Sterne heut stehn.) Wenn es Abend wird, stehe ich am Fenster. Ich schiebe die Lamellen der Jalousie mit den Fingern auseinander und sehe den Abendhimmel hinter den Häusern auf der anderen Seite der Straße. Es wird immer noch früh dunkel. Das Jahr ist nichtmal einen Monat alt, aber es fühlt sich schon lang und schwer an. Obwohl es nicht so viel Arbeit gibt zurzeit. Im Januar jammern wir alle. Ich will immer noch einmal die Sonne sehen und den letzten Streifen Licht. Ich gehe früh um acht zur Arbeit, da ist es immer noch nicht richtig hell. Im Sommer ist alles besser, so geht es sicher den meisten, aber andererseits denke ich im Sommer an Urlaub und habe oft keine Lust auf die Arbeit. Und ich glaube, dass es im Winter am besten läuft, wenn man jetzt mal den Januar außen vor lässt. Obwohl das viele bestimmt anders sehen. Ich finde es schade, dass die Wohnung keinen Balkon hat. Im Sommer könnte ich dort sitzen und mich sonnen, besser als das blöde Solarium, und im Winter könnte ich vor der Dämmerung dort stehen und eine rauchen und den Himmel beobachten, wie er rot wird. In den klaren Nächten sehe ich gerne den Mond. Da muss ich immer an das Kinderlied denken. Meine Mutter hat mir das oft vorgesungen vorm Einschlafen. Der Mond ist aufgegangen. Wenn ich das heute höre, und das ist nicht oft, weiß nicht, wann ich das überhaupt mal höre, also dann ... Ich kann das schlecht beschreiben. In Gedanken singe ich es manchmal. Magda hat immer gesagt »dann krieg ich Gefühl«, wenn sie meinte, dass sie traurig wird. Aber es ist Quatsch, wegen den Jahreszeiten. Ob Sommer oder Winter, Herbst oder Frühling, das Telefon klingelt immer. Nur im Januar nicht so oft. Als Kind habe ich gedacht, aber da war ich noch sehr klein, dass es noch eine fünfte Jahreszeit gibt. Und ich habe meine Mutter einmal gefragt, ob das Jahr jedes Jahr am ersten Januar beginnt und ob Silvester immer einen Tag davor ist. Und ob es im Juni schneien kann. Sie hat gelacht und mich in den Arm genommen, deswegen habe ich das nicht vergessen. Genau wie das Lied. Über den weißen Nebel habe ich oft nachgedacht, vorm Einschlafen. Wenn ich mal ein Kind habe, werde ich meinem Kind ein anderes Lied vorsingen. Eins, was nicht so traurig ist. Ich bin ja auch eher ein lustiger Mensch. »Aufgeweckt und lebendig« stand früher mal in meinem Zeugnis. Da gab es ja immer so Einschätzungen von den Lehrern. Und Magda hat immer gesagt: »Mädchen, sei nicht so aufgedreht, du bist flattrig wie ein Vogel.« Sie hatte viele so komische Sprüche, manchmal passten die und manchmal gar nicht, und das fehlt mir. Sie ist jetzt in Hannover. Manchmal schreibt sie mir eine Karte, an meinen Geburtstag denkt sie immer. Sie hat immer gesagt, dass Briefe und Karten persönlicher sind als SMS. Sie schickt mir die kitschigsten Postkarten, Hundewelpen, riesige Herzen, Rosen mit Glitzer dran, und manchmal auch welche mit Musik. Ich schreibe ihr trotzdem E-Mails oder SMS. Postkarten schicke ich nur meiner Mutter. Die letzte zu Silvester. Die war auch noch für Weihnachten. Wir sehen uns nicht mehr so oft, aber ich habe mir vorgenommen, wie man das eben so macht zum neuen Jahr, dass ich sie öfters besuchen werde, denn zu mir, in die Stadt, kommt sie nicht so gerne. Der Winter ist kalt wie selten dieses Jahr. Und im Dezember bin ich kaum auf Arbeit gekommen, musste das Auto stehenlassen. Die ganze Stadt versank im Schnee, und die sind kaum hinterhergekommen mit dem Räumen. Mir graut's schon vor meinen Nebenkosten, denn ich lasse die Heizung zu Hause meistens den ganzen Tag an, damit es schön warm ist, wenn ich von Arbeit komme. Im Dezember habe ich oft hier geschlafen, und auch jetzt bleibe ich manchmal über Nacht. Weil ich nicht raus in den Schnee will. Als Kind bin ich jeden Tag rodeln gegangen, wenn es geschneit hat. Und manchmal hat meine Mutter mich auf den Schlitten gesetzt, wenn wir einkaufen gegangen sind. Das war noch in Jena. Wir haben dort Berge zum Rodeln und Skifahren. Ski war nie so meins. Da habe ich mich echt blöd angestellt. Da haben meine Mädels mich immer ausgelacht, und die Jungs sowieso. Aber auf dem Schlitten war ich gut. Da bin ich jede Todesbahn runter, da haben selbst die Jungs Respekt gehabt. Eigentlich ist es ganz gut, dass die Winter jetzt wieder so kalt werden. Von wegen Klima. Das kann aber nächstes Jahr schon wieder ganz anders sein. Wenn ich ein Kind habe, möchte ich das auch auf einen Schlitten setzen, wenn wir einkaufen gehen. Junge oder Mädchen ist mir eigentlich egal. Obwohl ich vielleicht lieber ein Mädchen hätte. Ich denke, in der Zukunft kann man sich das aussuchen. Also selbst bestimmen, was man möchte. Mit einer Pille vielleicht. Aber das wird sicher noch dauern. Obwohl ja manches plötzlich ganz schnell geht, mit der Technik und dem Fortschritt. Und eigentlich ist es auch Unsinn. Das würde sicher gleich bleiben im Verhältnis. Ich weiß noch, dass ich, bevor ich aus Jena weggegangen bin, einen Jungen haben wollte. Das war noch mit Bert. Kann ich heute gar nicht mehr verstehen, warum ich ihn verlassen habe. Ich dachte, ich muss da weg, von wegen Jena Paradies, aber er wollte eben dableiben, hatte sich alles schön geplant. Weil ja sein Vater diese Apotheke hatte und er extra Pharmazie studiert hat deswegen. Apotheken bringen richtig Geld. Weil doch die Leute immerzu krank sind. Zu jeder Jahreszeit. Und besonders jetzt. Und wenn's dann mal die Pillen fürs Geschlecht gibt, werden die noch mehr Umsatz machen. Man kann ja sogar schon Aids heilen, oder so gut wie. Trotzdem möchte ich mir das nicht vorstellen. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der Aids hat. Was die Leute manchmal für Unsinn erzählen deswegen. Wir gehen ja regelmäßig zum Gesundheitsamt. Auch wenn wir's nicht mehr müssen, vom Gesetz her, das war ja früher anders. Aber die Leute denken und erzählen ja überhaupt jede Menge Unsinn, was das betrifft und was uns betrifft. Und ich stehe am Fenster und schiebe die Lamellen der Jalousie mit den Fingern auseinander und gucke auf die Häuser auf der anderen Seite der Straße, hinter denen der Himmel jetzt rot wird und die Nacht auftaucht. Sechzehn Uhr dreißig, und das Telefon hat erst viermal geklingelt, und an der Tür erst zweimal. Also für mich. Weil Jenny seit zwölf da ist und bis zwölf bleibt. Zwölf Stunden, das wäre mir zu viel. Zehn Stunden ist bei mir das höchste der Gefühle. Dann ist Schluss mit Kaffee Latte. Da muss ich lachen, denn das hätte auch von Magda sein können. Obwohl's ein ziemlich blöder Spruch ist, eigentlich nicht lustig, wenn ich jetzt so drüber nachdenke. Wann ging das eigentlich genau los mit diesem Latte-Kaffee, da hat man schonmal geschmunzelt zu Anfang. Goodbye, mein Filterkaffee. Aber da kriege ich Gefühl, wenn ich an sie denke. Ja, ja, das höchste der Gefühle. Nur nicht sentimental werden. Denn wir waren doch ziemlich eng, und alles fühlte sich leichter an, mit der Arbeit und überhaupt. Mit Jenny ist's schon o.k. Sie kommt nur vier Tage die Woche, aber auch Samstag und Sonntag, und da habe ich frei. Das Wochenende ist mir echt heilig. So wie mein Arsch. (Das nun wieder!) Jetzt kann ich mir endlich eine anzünden. Ich achte nämlich drauf, dass ich nicht zu viel rauche. Jede Stunde eine Zigarette. Ich versuch's zumindest. Komme auf höchstens fünfzehn Zigaretten am Tag, das geht noch, denke ich. Jenny ist nur am Qualmen und sprüht ständig mit diesem Raumdeo rum. Lavendel-Frühlingsduft. Ich hasse das. Viel quatschen wir jetzt nicht. Sitzen manchmal zusammen im Wohnzimmer, wenn wir warten. Ich würde sagen kollegial. Sie ist ja ein ganz anderer Typ als ich. Wiegt bestimmt zwanzig Kilo mehr, geht schon Richtung Mutti, aber da stehen genug Kerle drauf, ob man's glaubt oder nicht. Und ich würde jetzt nicht sagen, dass sie nicht hübsch ist. Nein, die Jenny ist schon hübsch. Vom Gesicht her, und das mein ich jetzt gar nicht böse. Aber eben fraulich, und das mein ich jetzt als Kompliment. Und wir kommen gut miteinander aus, jeder hat sein Publikum, sag ich mal. Nur wer sich als Gast fühlt, fühlt sich wohl. Magda habe ich lange nicht gesehen und frage mich oft, wie's ihr so geht in Hannover. Dort ist ja alles ruhig, und der Pate und die Engel haben alles im Griff. Und die Mädels haben wohl gut zu tun. Was man eben so hört. Seit die Engel auch hier sind. Habe ich aber nichts zu tun mit denen. Höre eben nur viel. Seit acht Jahren bin ich jetzt in der Firma vom Chef. Ich sag immer »Chef« und »Firma«. Manchmal sage ich auch »der Alte«, weil einige ihn so nennen. Aus Respekt. Ich glaube, dass er gut steht mit denen, also den Engeln, weil doch der Typ, der da der Oberengel ist, wohl mal mit ihm befreundet war, oder jedenfalls standen sie ganz gut miteinander, haben sich die Stadt aufgeteilt, aber genau weiß ich's nicht. Es gibt Mädels, die wissen hundertprozent, was läuft, Klatsch und Tratsch eben, obwohl das dann meist weniger als fünfzig ist, also Prozent, was die Wahrheit betrifft, aber wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme und mich an die Heizung setze, will ich von dem ganzen Mist gar nichts mehr wissen. Letztens habe ich irgendwo gelesen, dass der Anwalt von dem Paten aus Hannover-City, der ja wohl der große Boss der Engel ist, dass der auch der Anwalt von Schröder ist, also dem Ex-Kanzler. So einen Anwalt hätte ich auch gerne. Und was soll da schon dran sein, dass er mit den Engeln zu tun hat. Geschäfte machen sie eh alle. Oder wollen's zumindest. Russendeals, Gazprom, Mädels und Aktien. Das große Geld. Aber ich denke schon viel zu sehr drüber nach, aber so ist das auf Arbeit, wenn ich warte. Und sehe, wie der Tag verschwindet. Und die Lichter der Autos und Straßenlaternen zwischen den Lamellen der Jalousie. Wie sie über die Wände huschen, zusammen mit den Schatten. Da wird mir ganz anders, da krieg ich Gefühl und ziehe den Reißverschluss meiner Adidas-Sportjacke bis hoch zum Hals. An der hänge ich sehr. Die habe ich schon seit Jahren, habe sie mir damals in Berlin gekauft. Ist eine mit roten Streifen an den Ärmeln, die sieht man nicht so oft. Achtundneunzig habe ich Schröder gewählt. War meine erste Wahl. Das war auch noch in Jena. Ich muss mir die Beine eincremen. Die Luft ist zu trocken. Die Heizung auf der Fünf. Und draußen minus zehn. Mindestens. Ich krieg auch wieder Schuppen. Hatte ich ewig nicht. Aber ich nehm so ein Naturshampoo, Brennnessel, davon gehen sie gut weg. Ist besser für die Haare. Das Chemiezeug ist mir zu aggressiv drauf. Eine Zeitlang habe ich das versucht, Alpecin und sowas, aber davon wurde es noch schlimmer. Das Zeug brennt an der Muschi wie Feuer. Nicht dass ich mich da mit Alpecin eingerieben hätte, weil Schuppen hab ich da keine, es gibt Mädchen, die leiden da unter permanent trockener Haut, aber beim Spülen unter der Dusche ist's ja überall. Ist ja eh ein Problem mit der trockenen Haut beim Duschen, wenn man so viel duscht. Und mit der Muschi, weil man ständig rasiert. Aber das bringt die Arbeit nunmal so mit sich. Dieses Naturshampoo habe ich von Jenny. Die hat auch so Cremes, die sie mir empfohlen hat wegen der trockenen Haut. Auf dem Bahnhof gibt's so einen Naturladen, da gehe ich jetzt oft hin. Ich vertrage das wirklich besser, wobei Parfüm und Deo würde ich mir da nicht kaufen. Da gehe ich weiter zu Douglas. Obwohl die ja Embryos verarbeiten. Come in and find out. Jetzt brauche ich doch noch eine Zigarette. Die achte heute, ich habe genau mitgezählt. Ich versuche, das wirklich zu minimieren. Aber ganz ohne kriege ich's nicht hin. Alle Mädels, die ich durch die Arbeit kenne, rauchen. Na ja, neunzig. Also Prozent. Ich denke manchmal drüber nach, warum das so ist. Wenn ich warte, wenn ich am Fenster stehe und sogar wenn ich mittendrin bin. »Mädchen, du lügst doch wie gefickt«, würde Magda jetzt sagen, auch nicht wirklich lustig, und gedruckt und gefickt reimt sich nichtmal, aber wir lachen trotzdem über so 'nen Mist, aber wirklich, was soll man machen, wenn die dummen Gedanken in deinem Kopf tanzen, als wäre dort Fasching. Karneval gibt's bei uns gar nicht richtig, obwohl paar Idioten ihre kleinen Festumzüge machen. Aber besser und billiger als Koks oder Speed oder dieser Glasfasermix. Kristall. Mit C. Also die Raucherei. Also billiger. Aber das bringt eh nix, weil das frisst dich auf Dauer. Also Koka. C, und was auch immer. Habe ich damals alles durch in Berlin. Schön blöd. Come in and find out. Aber so schlecht war es auch nicht. Kann und will ich nichts hören von dem Opfer-Gerede. Weil war 'ne schöne wilde Zeit. Ach, das arme Mädel! Passt alles in denen ihr Bild. Und in die »Bild«. Ich sag mir eher immer: Ach, die armen Kerle. Wobei ich das andererseits schon verstehe. Dass sie zu mir kommen. Und weil es auch gut so ist. Und jetzt ist grad wieder Fasching im Kopf. Richtige Karnevalsumzüge. Weil ich seit zwei Stunden warte und immer wieder aufs Telefon starre, wenn ich nicht grade am Fenster stehe. Ist stockdunkel draußen inzwischen. Magda und ich, wir hatten damals nur ein Telefon. Ging gut. Mehr als kollegial. Jetzt höre ich manchmal das Handy von Jenny im anderen Zimmer. Sie merkt auch, dass Januar ist, denke ich. Alle merken das. Nicht nur die Mädels. Mein liebster Taxifahrer sagt immer, eigentlich hat er's nur zwei- oder dreimal gesagt: »Im Januar ist Winterschlaf. Taxi, Börse, Nacht.« Mit der »Nacht« meint er mich. Auch wenn der Hauptteil meiner Arbeit am Tag ist. Das meint er nicht böse. Weil erstmal keiner mehr Geld hat im neuen Jahr, sagt er. Ist ein ganz Lieber. Hat vor der Wende in einer großen Druckerei hier in der Stadt gearbeitet. Erzählt er viel von. Mitte fünfzig. Und seit fast dreißig Jahren verheiratet. Und zwei Kinder. Erzählt er immer. Das tut gut. Das hör ich gern. Wobei ich das mit der Börse nicht so genau weiß. War nie meins und wird's auch nie werden. Ich kenne paar Mädels, die haben auf sowas geschworen. Und die haben gekauft und verkauft und gezockt wie blöd. Ein richtiger kleiner Börsenverein. Aber doch die Ausnahme. War ich nicht mit drin, weil ich ja immer sage, nach der Arbeit will ich nichts mehr wissen von der Arbeit. Obwohl das natürlich nicht so einfach ist. Mit Magda war das anders, aber ich will da jetzt langsam weg von, dass ich immer von ihr erzähle und oft an sie denke. Weil das ist jetzt, wie's ist, und es ist auch gut so, weil, und das hat meine Mutter immer gesagt, wenn es mal nicht lief und sie traurig war über irgendwas: »Die Dinge sind, wie die Dinge eben nunmal so sind.« Aber die ärgern sich sehr, denke ich, die Mädels, von denen ich weiß, dass sie ihr Geld an der Börse untergebracht haben. Wie viel, weiß ich nicht. Da gibt's keine Versicherung, die dir irgendwas zurückzahlt. Ich habe eh keine Ahnung davon. Ich spiele Lotto. So blöd das klingt. Vor kurzem hat ein Bekannter von mir über dreißigtausend gewonnen. Ich kenne ihn nur über drei Ecken. Eher zwei. Aber nicht als Gast. Über Mandy, die arbeitet bei Hans. Und die kennt den Alten, der da so viel Geld gewonnen hat. Mit verkürzter Kombination. Fünfer. Hab ihn mal gesehen in Hans seiner Buchte. Obwohl, »Buchte« ist unfair. Denn bei dem ist alles sauber. Klein, aber fein. Wirklich sauber. Was das Drumherum betrifft. Sicher nicht das Gelbe von den Eiern (Magda!), aber ich habe nur Gutes drüber gehört. Prozentual. Auch wenn ich sage, dass ich nach der Arbeit meine Ruhe haben will, kommt es doch immer zu dir. Also der Tratsch. Denn natürlich kann ich nicht einfach sagen: Ich bin dann mal weg. Das Buch von dem Kerkeling habe ich gelesen. War ganz witzig. Aber mir wäre das nichts mit der ganzen Latscherei. Santiago de Compostela. Zu sich selbst finden oder zu Gott oder der Welt oder was auch immer. Klingt wie Kompost. Und natürlich kann ich das sagen. Dass ich weg bin. Wie jeder Bürger und jeder Mieter seine Wohnung kündigen kann. Drüben klingelt das Handy. Bei mir ist Ruhe, und ich schalte das Radio an. Meine Tochter soll Sabine heißen. Ist total verrückt, aber ich würde auch gerne Sabine heißen. Weil mir der Name wirklich gefällt. Sind so seltsame Arbeitsgedanken. Fasching halt. Und meint auch nur den Arbeitsnamen, also Künstlernamen. Hätte ich mich früher nicht Babsi genannt, also Künstlername, würde ich mich jetzt Sabine ... Weil ich mit einer Sabine gearbeitet habe und ganz gut konnte mit ihr, gar nicht so lange her. Nicht so gut wie damals mit der Magda, die war ja fast wie 'ne Schwester, die Magda. An die ich so oft denke. Mit der ich ja zusammen angefangen habe. Schneewittchen und Rosenrot. Nee, Weißchen. Die hat sich nicht die Muschi rasiert, also Sabine, nichtmal 'n Streifen, da habe ich großen Respekt vor, ganz ehrlich, ich mag das, wieso mag das keiner mehr von den Gästen, Achtziger-Style, aber glatt und blank ist eine Bank, aber bei ihr lief's ganz gut, hat das extra annonciert, wenn alle plötzlich rasiert sind, macht man mit schwarzen Locken richtig Geld, sie hatte lange schwarze Haare, aufm Kopf natürlich, und jetzt macht sie in Kunst, unter ihrem richtigen Namen, ist schon seit fast zwei Jahren nicht mehr in der Firma. Fotos und so Mediensachen. Und Zeichnen auch. Viele hier in der Stadt machen in Kunst. Künstler eben. Die das können. Oder studiert haben. Wenn ich dran denke, dass ich auch mal studiert habe. Fachhochschule. Der Alte sammelt Bilder, habe ich gehört. Aber nur die Großen, die teuer sind und Geld bringen. Ich bleib am Boden kleben. Die Cola wollte ich vorhin schon wegwischen. Der zweite Gast hat die Flasche umgeschmissen, die auf dem kleinen Couchtisch steht. Ich lege mich aufs Bett. Riecht immer noch nach Arbeit, obwohl ich vorhin eine neue Decke draufgetan habe. Der Erste war scheiße, der Zweite ganz o.k. Wenn ich mir nicht die Muschi rasiere, werden sie blond. Ich bin naturblond. Ich hätte immer gerne dunkle Haare gehabt, deshalb färbe ich sie mir manchmal. Ob man unten färben kann? Dann würde ich mir vielleicht einen kleinen Streifen stehen lassen. Obwohl das nicht gesund sein soll mit der Färberei, vielleicht hat das auch mit den Schuppen zu tun, die ich jetzt wieder habe, wenn ich nicht jeden Tag das Brennnesselzeug benutze. Ich schalte den Fernseher ein, immer noch ohne Ton. Den habe ich vorhin runtergedreht, als der zweite Gast kam. Das Radio läuft leise im Hintergrund. Wenn jemand so Junges kommt, der auch noch ganz gut aussieht, frage ich mich manchmal, eigentlich war's auch nur ganz zu Anfang so, ob der eine Freundin hat und nur Abwechslung braucht oder sie nicht gut genug bläst oder überhaupt nicht oder was weiß ich oder ob er echt nicht zum Ficken kommt, weil schüchterne Typen gibt es ja jede Menge. Aber eigentlich ist's mir scheißegal. Bei mir ist das so fünfzig/fünfzig, also zwischen Arschlöchern und Großschnauzen und den Schüchternen. Aber genau kann ich's nicht sagen, weil die Schüchternen manchmal genauso scheiße sind, obwohl mir die Stillen eher lieber sind, Mutti macht das schon. Da kann ich selbst dirigieren, und die hämmern mir nicht alles wund. Aber fünfzig/fünfzig trifft's eh nicht richtig, weil's noch jede Menge andere Typen gibt, da kommt das mit den Prozenten wieder durcheinander, ich habe manchmal drüber nachgedacht, eine Liste zu schreiben, eine Art Typentabelle. Achtzehn Uhr, die Nachrichten. Der Erste war scheiße. Der Zweite ganz o.k. Muss man so sehen, sonst wird man blöd. Also ich zumindest. Die Superhits der Achtziger. Höre ich gerne. Bin neunzehnhundertneunundsiebzig geboren, und meine Musik ist eher aus den Neunzigern, Techno, Scooter, Hyper-Hyper, wegen den Rolling Stones bin ich fünfundneunzig mit meiner Mutter nach Berlin gefahren, Voodoo- Lounge-Tour, durfte keiner wissen von meiner Technoclique, aber meine erste Schuldisko war neunzehnhundertachtundachtzig, kurz vor der Wende. Da liefen diese ganzen Kracher. Live is life. Küss die Hand, schöne Frau, Ihre Augen sind so blau. Da Da Da. Quelle: © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main "Im Stein", gerade bei S. Fischer erschienen, gilt als einer der Favoriten für den Deutschen Buchpreis, der im Oktober verliehen wird. Der Journalist und Buchautor Ulrich Wickert spricht mit Meyer über käuflichen Sex, das Leben und das Schreiben. Quelle: http://www.welt.de/kultur/literaris...tution-ist-in-der-Mitte-der-Gesellschaft.html
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Clemens Meyer - Im Stein: entäuschend Ich hab die Anregung vom Tiger im vorletzten Posting mal aufgegriffen und mir den zur Buchmesse erschienenen Rotlichtroman von Clemens Meyer ' Im Stein' mal besorgt. War ja so, dass man beim Verfolgen der Presse- und Fernsehberichterstattung an dem Roman kaum vorbeikam (und der kam auch z.B. auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises). Worum gehts Es werden die Perspektiven einiger Personen eingenommen, die in irgendeiner Beziehung zum Leipziger Milieu stehen. Das sind fiktionale Gestalten (isn Roman!). Z.B. 2 Nutten, nen Klubbetreiber, nen Polizist und so - naja, die räsionnieren halt rum, z.B. die Huren, warum sie Schröder 1998 gewählt haben, 2005 aber nicht. Da ist dann immer die Rede vom 'großen Engel' in Hannover, Andeutungen übern Sachsensumpf usw., ProstG als 'Segen'. Ne richtige Handlung gibts eigentlich nicht, die Personen sind zwar iwie miteinander verbunden - aber halt iwie. So fand ichs Nach nem recht verheißungsvollen Auftakt mit dem Schwadronnieren einer deutschen Wopu-Hure wurde es mit dem ersten Perspektivwechsel chaotisch - nach dem 5. oder 6. hab ichs dann ab Seite 200 (von 558) sein lassen Ich leg halt Wert auffen Handlungsstrang, der war für mich nicht zu erkennen - manches Klischee tat dann den Rest. Bewertung Tja, ist schon geschickt vermarktet worden, ambitionierter und bekannter junger deutscher Autor, dem die Literaturkritik 'Insiderkenntnisse' zutraut und welche dieser für sich selbst in Anspruch nimmt - ich hab von den 200 gelesenen Seiten aber halt überhaupt keinen interessanten Gedanken mitgenommen. Überhaupt: Kann der ambitionierte Rotlichtroman nicht eigentlich besser von einem Rumänen geschrieben werden? Das könnte wirklich spannend sein. Wenn man sich die Rezensionen so anschaut, wurden die nach dem großen Ballyhoo zum Erscheinen zunehmend kritischer - Meyer fühlt sich unverstanden, da er keinen Rotlichtroman, sondern einen 'Epochenroman unserer ganzen Gesellschaft' schreiben wollte. Also iwie soll alles in unserer Gesellschaft so ablaufen, wie die von ihm in wirrer Ordnung beschriebenen Strukturen und Akteure Als informierenden Link zu dem Roman empfehl ich mal die Amazon-Leserrezensionen (Link) - die geben im Tenor voll meine eigenen Leseeindrücke wieder (und wenn man die Rezensionen der großen Zeitungen kritisch liest....auch wenn dort niemand ganz direkt schreibt, was für Mist das ist, aber Andeutungen...) Also: ist interessanter, die 22,90€ für ne Viertelstunde mit ner Hure auszugeben, lernt man mehr über Rotlicht als vom intellektuell-szenigen- affektierten Getue von Meyer.
Ruhe im Puff! - Ein Zuhälter packt aus! Habe da mal bei Google Books reingelesen. Interessant und authentisch. Das Buch gibt es bei Amazon als Kindle-Edition (7,95) oder als Taschenbuch (12,99, 354 Seiten) Peanut
weil ich durch o.g. link darauf gestoßen bin. Ist jetzt nicht Literatur, aber geschriebenes Wort und absolut lesens-/wundernswert: die skurillsten amerikanischen Sexgesetze: http://www.gofeminin.de/sex-praxis/sexgesetze-usa-d21279c278526.html die z.T. auchschon in einigen Clubs Einzug gefunden haben: Sexgesetz Arkansas: Flirten verboten! (Wer in der Öffentlichkeit flirtet, landet für 30 Tage im Gefängnis. ) Sexgesetz Iowa: Bierverbot nach Sex ( Männer, die nach dem Sex neben ihrer Frau im Bett liegen und Bier trinken, dürfen in dieser Stadt nicht mehr als drei Schluck von diesem Getränk zu sich nehmen. Das ist ein Sexgesetz.) Sexgesetz Nebraska: Beim Sex nicht ausziehen (In seinem Hotelzimmer wird er zwei saubere, gebügelte weiße Baumwoll-Nachthemden vorfinden. Nette Geste. Allerdings hat die es in sich: Paare dürfen nicht nackt nebeneinander und schon gar nicht miteinander schlafen.) Bayern läßt grüßen: Sexgesetz Nevada: Nur Sex mit Kondom (Denn ohne Kondom miteinander zu schlafen, ist in der größten Stadt im US-Bundesstaat Nevada gesetzlich verboten.) Traumland für Lernfaule (Sprache) Sexgesetz Oregon: Dirty Talk ist tabu ( Dirty Talk ist tabu! Wer sich nicht daran hält, der kann sogar verhaftet werden.) ...oder für "arbeitsfaule" Sexgesetz Washington D.C.: Nur Missionarsstellung erlaubt (Wenn es nach einem Gesetz in Washington D.C. geht, dann beim Sex ist tatsächlich nur die Missionarsstellung erlaubt.) würden viele Damen sicherlich begrüssen: Sexgesetz Minnesota: Kein Sex mit Mundgeruch (...er küsst sie... das war’s. Stopp! Er hat unangenehmen Mundgeruch. Bevor es weiter geht, muss er sich erstmal die Zähne putzen. Das kann seine Ehefrau verlangen. Dazu hat sie das Recht.) oder auch das: Sexgesetz Virginia: Licht aus beim Sex (Der eine mag Sex ohne Licht, der andere möchte seinen Partner beim Liebesspiel lieber klar und deutlich sehen. Für alle, die im US-Bundesstaat Virginia leben oder sich dort aufhalten, erübrigt sich das Streitgespräch: Hier ist es nämlich verboten, beim Sex das Licht anzulassen.) ok, das ist aus Kundensicht einigermaßen nachvollziehbar (zumindest in einer Metzgerei) Sexgesetz Wyoming: Sex im Kühlhaus tabu (Grund: Sex im Kühlhaus eines Fleischers zu haben, ist den etwa 3000 Einwohnern gesetzlich verboten.)
"Was vom Menschen übrig bleibt ... " Kürzlich las ich das: Verlagsankündigung: Die irische Autorin Rachel Moran tritt an gegen das Prostitutionsestablishment. Ihr brillanter und international hochgelobter Bericht, der nun erstmalig in deutscher Sprache vorliegt, entlarvt die romantisierenden Vorstellungen von der „selbstbestimmten Hure“. Er wendet sich gegen eine Scheinliberalität in der Prostitutionsgesetzgebung, die es unmöglich macht, Frauen vor dem Weg in ein ausbeuterisches „Gewerbe“ effektiv zu schützen. Moran weiß aus eigenem Erleben, wovon sie spricht. Als obdachlose Heranwachsende geriet sie in den Strudel der Prostitution und konnte sich erst sieben Jahre später aus eigener Kraft daraus befreien. Als Überlebende ist sie dieser Parallelwelt entkommen und liefert uns in ihrem Buch nun Innenansichten einer zerstörerischen Lebensweise. Mit den sensiblen Einsichten einer Betroffenen und der virtuosen Sprachmächtigkeit der geschulten Journalistin führt sie in die Gesetzmäßigkeiten einer Tabuzone ein, aus der keine Frau unbeschadet zurückkehrt. Moran befragt nicht nur ihren eigenen Weg in die Prostitution und ihre Erfahrungen als Prostituierte. Sie nimmt dieses Feld als Ganzes in den Blick, seine offenen und verdeckten Mechanismen der Abwertung und der Gewalt. Ihr Bericht macht deutlich: Der Handel mit Frauenkörpern ist ein Verstoß gegen die Menschenwürde und eine Form des sexuellen Missbrauchs. Und: Die öffentliche Debatte über Prostitution wird in Zukunft anders geführt werden müssen. Nach allen Rezensionen der Presse ist der autobiographisch geprägte Text authentisch. Ich schließe mich dieser Auffasung an. Das Buch hinterläßt mich nachdenklich und ratlos .... --------------------------- Was vom Menschen übrig bleibt Die Wahrheit über Prostitution ISBN 978-3-8288-3458-3 380 Seiten, Klappenbroschur Tectum Verlag 2015 17,95 €