Kurz vor dem Wochenende mal ein nachdenklich stimmender Artikel was so manche Freier nach Ihrer Abreise so hinterlassen haben Mich stimmt so etwas immer wieder sehr nachdenklich und traurig. Glaube aber dass es die meisten in Wahrheit gar nicht interessiert was Sie anstellen. Sie sind die Folge eines florierenden Sextourismus auf den Philippinen. Sie sind auf der Welt, weil die Freier Kondome verweigern und den Prostituierten die Pille zu teuer ist. Sie sind die Kinder von Deutschen, Engländern, Amerikanern. Und die Einheimischen behandeln sie wie Fremde. Weil sie zu weiß sind. "Er ist fett“, sagt Noriel, 11. Der Junge hält sich das Bild ganz nah vor die Augen. „Er ist alt und hässlich.“ Auf seinem Kopf wachsen nur noch wenige Haare. Der Hals ist dürr und faltig. Die Brille hängt schief auf der Nase, trunken stiert der Mann zum Bildrand hinaus. Er hält eine zierliche Philippinerin im Arm, in Slip und knappem BH, auch sie schaut ins Leere. „Er hat meine abstehenden Ohren“,sagt Noriel. Der Junge grinst und zupft sich am Ohr. „Meine große Nase.“ Manche Kinder in seiner Klasse verspotten ihn deswegen als „Affenwarze“. Er hat einen ähnlich hellen Hautton wie der Fremde. Die Kinder in der philippinischen Provinz rufen ihn „Milchfisch“. Er ist dem Mann auf dem Foto nie begegnet und ihm doch so vertraut. Noch einen Moment hält der Junge das Bild in den Händen, den Kopf schief gelegt, nachdenklich, bevor es seine Mutter wiederwegsperrt, in einen Koffer mit Vorhängeschloss. „Mein Vater“, sagt Noriel, das Hurenkind. Eine Generation wächst in Asien heran, die ist wie eine Art globaler Betriebsunfall, zu Zehntausenden gezeugt in der kürzest möglichen Begegnung von Mann und Frau. Der Sextourismus hinterlässt in Thailand, Kambodscha und auf den Philippinen nicht nur Tripper und Syphilis. Quer durch Asien zieht er auch eine Spur aus Kindern. Fremdartig wie Marsmenschen scheinen sie in die asiatischen Gesellschaften gefallen. Weiß und großäugig wie Europäer. Schwarz wie Afroamerikaner. Irisch rothaarig und schwedisch blond. Ihr Äußeres verrät den Broterwerb der Mütter, die außerhalb der Bordelle ein Leben in Ächtung führen. „Putok sa Buho“ nennt man ihren Nachwuchs auf den konservativ katholischen Philippinen. Sie sind die, „die aus dem Bambusrohr gepresst wurden“. „Pinulot sa tae ng Kalabaw“, spotten die Menschen über sie, die „aus der Scheiße des Wasserbüffels geholt“ worden seien. Die Kinder wachsen in eine Welt hinein, die sie häufig ablehnt und in der ihnen mit zunehmendem Alter bewusst wird: Irgendwie gehören sie nicht hierher. Sie wollen nicht weinen Noriels Mutter ist auf dem Sitz des Linienbusses in sich zusammengesunken, im Rhythmus der Schlaglöcher prallt ihr Kopf gegen die Fensterscheibe. Nida Quintana, 32, will ihre beiden Söhne besuchen, die bei Pflegeeltern auf dem Land wohnen. Alle zwei Wochen unternimmt sie die zweistündige Reise. Fast hätte sie morgens die Abfahrt verpasst. „So viel Bier“, klagt sie im Halbschlaf. Quintana arbeitet in einer Bordellbar in Angeles City auf Luzon, der philippinischen Huren-Hochburg. Club reiht sich dort an Club, Neon überstrahlt das Elend. In manchen Etablissements verdingen sich 1500 Frauen in drei Schichten. Fleischmarkt jede Nacht. Der Leib als Stapelware. Bis um sechs Uhr morgens hat ein Brite Noriels Mutter zum Trinken angehalten. Acht Bier. Nie Wasser, klagt sie. „Die wollen uns immer betrunken machen. Dann lachen sie.“ Wenn Quintana unbeobachtet war, goss sie das Bier in die Toilette, weil sie doch ihren Söhnen heute diesen Besuch versprochen hatte. Die Haare hat sie sich vorher noch gewaschen, um für die Kinder nicht mehr nach dem Rasierwasser des Briten zu riechen. Sie hat sich Puder ins Gesicht gestäubt, damit sie nicht so grau aussieht. Als sie im Dorf der Pflegeeltern aus dem Bus steigt, mit lila Top und Pferdeschwanz, drehen sich die Alten nach ihr um, Reisbauern wie die meisten hier. Reißen ihre Münder auf, zeigen die fauligen Zähne und fauchen scharfe Lachtiraden. „Sie sind Mütter ohne Ehemänner nicht gewöhnt“, sagt Nida Quintana. Dann sieht sie die Kinder, die Pflegeeltern haben sie zur Begrüßung vor die Tür geschickt. Noriel, elf, ist Sohn eines Amerikaners, der sechsjährige Brian stammt von einem Franzosen ab. Den Älteren hießen die Pflegeeltern, das T-Shirt mit dem Werbelogo von Mutters Bordell anzuziehen. „Das wird deine Mama freuen“, sagten sie ihm. „Walhalla“ heißt die Bar, sie gehört einem Dänen, und die Frauen müssen zur Belustigung Wikingerhelme aufsetzen. Die Brüder lassen sich kurz von der Mutter drücken, bald wenden sie sich ab. Sie wollen nicht weinen. Die Jungs wissen, ihre Mutter arbeitet hart. Was das genau bedeutet, ahnen sie nur. „Haut ab!“, rufen ihnen manchmal die Kinder in der Schule zu. „Ihr seid Weiße! Ihr gehört nicht hierher.“ Vor vier Monaten sind sie aufs Land geschickt worden. Die Großmutter, die sich früher in Angeles City um sie gekümmert hatte, ist während einer der Nachtschichten von Quintana gestorben. Ihr Tod zerriss die Familie, die Mutter zog in den Schlafsaal des Bordells, die Kinder gab sie fort. Jeden Monat schickt sie den Pflegeeltern Geld. Jeden Monat fordern diese mehr. „Ich habe keine Wahl“, sagt sie. „Ich kann sie nicht bei mir behalten.“ Brian hat nachts mit dem Zähneknirschen begonnen, so laut, dass es die anderen weckt. In den Schulpausen weicht er kaum von der Seite des Bruders. Beide sind dort die einzigen „Ausländer“-Kinder. Die Lehrer tuscheln über sie. Noriel, der besser Englisch spricht als seine Rektorin, ein empfindsamer, hochintelligenter Junge, ficht seine eigenen Kämpfe. Oft liegt er schlaflos in der Nacht. Fürchtet sich vor den Geistern der Toten, dem schwarzen Hund, dem Vampir, der nur aus einem schwebenden Oberkörper besteht. Vielleicht, überlegt Noriel, mögen auch die Toten weiße Kinder nicht. Etwa die vierjährige Pauline im Nachbarhaus, das Kind eines Deutschen, das sich immer verstecken will. Unter dem Tisch, unterm Sofa, hinter Vorhängen. Die lästige Nachgeburt Eine Überlebenskünstlerin ist die Vierjährige, die Mutter hatte sie zu töten versucht, doch war es ihr nicht gelungen. „Eine Woche lang habe ich in der Schwangerschaft Gift gegen das Baby getrunken“, erzählt Fortunata Tanana, 29, deren Freier sie als „Wilma“ kennen. „Aber Pauline war stärker.“ Es gibt kein Bild von ihrem deutschen Vater, einem Rentner namens Robert, der Tanana viermal aufs Zimmer nahm. Sie weiß von ihm nur, dass er Musik mochte und kurze Hosen trug. Er lebt im Winter auf den Philippinen. Demnächst will sie mit einer Freundin zu ihm fahren, um wenigstens seinen Nachnamen zu erfahren. Pauline fragt immer häufiger nach ihm. Wenn im Fernsehen ein weißer Schauspieler erscheint, ruft Pauline: „Daddy!“ Zu jedem Weißen sagt sie „Daddy“. Jedes Mal wenn ihre Mutter will, dass das Mädchen eines ihrer Verstecke verlässt, sagt sie: „Daddy ist da!“ Jedes Mal kommt Pauline dann hervor. Noriels Mutter muss gehen. Sie blieb nur eine knappe Stunde. Um 16 Uhr hat sie wieder in Angeles zu sein, Schichtbeginn. Die Rückverwandlung von der zweifachen Mutter zum BH-tragenden Häschen beginnt. Quintana durchlebt sie mit Qualen. Als „Little brown fuck machines"bezeichnen die Touristen die Frauen. Eine schnelle Kusshand wirft sie den Brüdern zu. Dem Vater ihrer Tochter hastet Priscilla Allego, 20, auf der Amüsiermeile hinterher. Basketballkappe auf dem Kopf, das zerknitterte Foto des viermonatigen Babys in der Tasche. Sie ist eine kleine Frau mit kurzen Beinen. Stoßweise geht ihr Atem, er darf ihr nicht entkommen. Ein Australier, um die 60, der alle paar Monate nach Angeles reist und Allego mehrere Nächte lang „gemietet“ hatte. Immer ohne Kondom, sagt sie, er war der einzige Kunde in dieser Zeit. Eine Kollegin hatte ihr eine SMS geschickt, der Vater sei wieder in der Stadt. Einmal hat es Allego sogar geschafft, ihn zu stellen. „Das ist nicht mein Kind“, hatte er ihr gesagt. „Er hat mir nicht mal in die Augen geguckt“, erzählt sie aufgeregt. Einen DNA-Test verlangt sie. Wortlos ist er weitergelaufen. Sie folgt ihm überall hin, vom Hotel zum Bordell und in die Kneipe. Allego will Gewissheit für ihr Kind und finanzielle Unterstützung. Die Pförtner scheuchen sie weg, von der Polizei kommt keine Hilfe. Dennoch harrt sie aus bis in den Abend, dann geht sie zurück zu ihrem Kind, das fast so weiß ist wie der Mond. Es kräht und giggelt in dem Quartier, in dem Allego zu Hause ist, wenige hundert Meter von den Glitzerbars entfernt. Babys gibt es unter fast jedem Blechdach, fließend Wasser und Strom nur manchmal. Die Gassen sind kaum breiter als ein Handkarren. Die Familien schlafen zu fünft, zu sechst in einem Raum. Hier nährt die Prostitution die Prostitution, womit die Mütter der heutigen Huren begannen. Zunächst stellten die GIs der nahen US-Airbase die Kunden, seit deren Abzug arbeiten die Töchter international. Ein Kind für 130 Euro Vaterlosen Nachwuchs aus aller Herren Länder ziehen sie in den Slums dieser Stadt auf. Das Anderthalbjährige in der Nachbarhütte von Allego soll von einem deutschen Autohändler sein, der Dennis heißt. In der Hütte gegenüber wohnt die 29-jährige Richel Yu mit ihrem zweijährigen Sohn. Rote Haare wie der Vater, sagt sie. Ein Brite. Achtlos stopft sie Süßigkeiten in den Jungen hinein. „Er macht mir das Leben zur Hölle wie früher der Alte. Gleicher Charakter“, klagt sie. „Daddy! Daddy!“, kräht der, als er im Fernseher einen Weißen sieht. „Deinen Daddy bringe ich in den Knast“, tippt sie auf die Brust des Kleinen. „Der soll für dich zahlen.“ Es ist für viele Frauen nicht einfach, das Kind eines Kunden zu lieben. Viele Huren verwandeln ihren Nachwuchs in bare Münze. Kinderhändler ziehen von Bar zu Bar, holen Erkundigungen über mögliche Geburten ein. Mamasans, die Vorsteherinnen der Bordelle, vermitteln die Deals. Auch bei Allego sprach ein Interessent vor, ein angeblicher Missionar, der ihr Kind haben wollte, als es noch im Bauch war. Geld versprach er ihr, die Begleichung der Krankenhauskosten, wenn sie nur die Adoptionspapiere unterschreibe. „Willst du, dass das Baby so wird wie du – eine Hure?“, bedrängte er sie. „Ich bin eine gute Mutter“, sagt sie verletzt. Eine Familie in Korea warte schon auf das Kind, lockte der Mann. Tatsächlich handelt es sich bei ihm, der sich in den Bordellen als „Missionar“ ausgibt, um einen Dozenten der Universität Amsterdam mit beruflichen Verbindungen auf die Philippinen. „Er will bei seinem nächsten Besuch das Baby sehen“, sagt Allego. „Ich habe Angst.“ In den vergangenen Jahren, bestätigen Hilfsorganisationen in der Stadt, pendelte sich der Durchschnittspreis für ein Kind bei etwa 130 Euro ein. Zehn Monatsgrundlöhne sind in den Bordellen von Angeles City der Gegenwert eines Lebens. Das Einzige, was den Kindern bleibt, sind Schnappschüsse. Auf ihnen glotzen betrunkene Männer aus dunkler Partynacht. Eigenartige Dokumente, die mit den wichtigsten Familienunterlagen verwahrt werden. Auch William Guarino, 16, besitzt so eine Fotografie. Sein Vater, ein Deutschamerikaner, trägt Sonnenbrille und Bierflasche vor dem Bauch. Im achten Monat der Schwangerschaft hat er sich davongemacht. Nie wieder haben sie seither von ihm gehört. William hütet das Foto wie ein Heiligenbild. Der Junge, der aussieht wie einer aus Bremen oder Pirmasens, nur etwas zierlicher, wird auf der Straße oft auf Englisch angesprochen. Dabei versteht er es kaum. Sein Vater lebt in Deutschland, dem FOCUS hat er einen Brief an ihn mitgegeben. „Lieber Dad, hier ist dein verlorener Sohn. Das Leben für uns ist nicht einfach, aber wir haben unser Auskommen. Mutter betreibt einen kleinen Laden. Wir verkaufen alles: Reis, Zucker, Kaffee. Sogar DVDs. Ich züchte Tauben. Ich mache bald den Schulabschluss. Dad, ich würde dich gern kennen lernen. Ich liebe dich, obwohl ich dich nie getroffen habe. Ich liebe dich, weil du mein Vater bist. Bitte antworte mir.“ William ist der überbehütete Jüngste der Familie. Sein Bruder Joseph, vier Jahre älter, lernt angestrengt, studiert mit Hilfe der Preda-Stiftung für arme Familien. Er macht seinen Weg. William träumt. Ist schüchtern. Vor wenigen Wochen fiel er in den Zwischenprüfungen der Highschool durch. Muss jetzt ein Jahr wiederholen. Seine Mutter, der man ihre Zeit als Barmädchen längst nicht mehr anmerkt, weint und schimpft. William fragt sich immer häufiger, wie viel von seinem fremden Vater in ihm ist. Damit er eines Tages das Fremde in sich versteht. Stammplatz am Randstreifen Er ist der geborene Außenseiter. Die meisten Hurenkinder bleiben es, auch als Erwachsene. Sie leiden stärker als andere unter Depressionen. Die Suizidrate ist höher. Das zeigen Studien US-amerikanischer Stiftungen, die sich um die Kinder von GIs kümmern. Sie landen häufiger im Gefängnis. Besonders schwer haben es die Nachkommen von Afroamerikanern. Nur eine einzige kleine Hilfsorganisation nimmt sich ihrer an. Die „Renew“-Stiftung an der Universität Oxford berät die Frauen in Rechtsfragen und unterstützt sie bei der Suche nach zahlungsunwilligen Vätern. 80 Dollar hat Williams Vater der Mutter überreicht, dann ist er gegangen. Sein Sohn, eigentlich unter Hausarrest, wegen der verpatzten Prüfung, darf heute ausnahmsweise auf den benachbarten Sportplatz. Basketball ist seine Leidenschaft, der Ball sein größter Besitz. Doch die Jungs, die dort bereits spielen, ignorieren ihn. Er fragt, ob er mitmachen könne. Sie grölen und juchzen. Sie schlagen ihm den Ball aus der Hand, „leihen“ sich ihn. Irgendwann geht er vom Feld und setzt sich an den Randstreifen. Sein Stammplatz. Er hofft bis zum Ende, dass sie ihn spielen lassen. Sie tun es nicht. Quelle: focus.de
Eine eindrucksvolle Recherche, Gershi! Mit einem Zitat zu beginnen, war mir nicht möglich .... es ist mir alles gleich wichtig... ein Jammer .... Es ist grausam und hoffnungslos .... und zugleich heilsam: nichts darf uns den Blick verstellen auf diese scheiss Missstände auf dem Planeten .... Kein reines Fickforum, sondern eine Bühne des Meinungsausstausches über den Tag hinaus! Danke, Gman!!! Ganz liebe Grüsse Oslo
Hallo Gershman, eigentlich wollte ich dir für deinen nachdenkenswerten Beitrag einen Gummipunkt erteilen. Leider habe ich zwischenzeitig zuwenige der anderen geistreichen Beiträge beurteilt. Ich hole das nach!! Gut herangeholt.
WAs ich mich frae ist wie die Frauen sagen können der und der mann ist wahrscheinlich dien Erzeuger. Von Vätern kann man ja nicht sprechen.
Wie in Asien eine unerwünschte Generation heranwächst Sextourismus Wie in Asien eine unerwünschte Generation heranwächst Meist sind Polaroidfotos das Einzige, was die Kinder von ihren Vätern haben. Denn die Männer waren als Sextouristen im Land. Die Kinder müssen leiden. Außenseiter. Den Kindern ist der Beruf der Mutter anzusehen, und der ist geächtet. - Foto: Theodor Barth/laif Der Junge hält das Foto nah vor die Augen. Es zeigt einen Mann mit wenig Haaren, der Hals ist dürr und faltig. Die Brille hängt schief auf der Nase, trunken stiert er und hält im Arm wie eine Puppe eine zierliche Filipina in Slip und knappem BH. „Er ist hässlich“, sagt der Junge. Noch einen Moment hält der Junge es in den Händen, den Kopf schief gelegt, bevor seine Mutter es wieder wegsperrt, in einen Koffer mit Vorhängeschloss. Ihr Sohn ist dem Mann auf dem Foto nie begegnet und hat doch etwas Entscheidendes mit ihm gemein. „Mein Vater“, sagt Noriel Quintana, das Hurenkind. In Asien wächst eine Art globaler Betriebsunfall heran, zehntausende Kinder, gezeugt in der kürzestmöglichen Begegnung von Mann und Frau. Der Sextourismus, beflügelt von immer billiger werdenden Flugreisen, hinterlässt in Thailand, Kambodscha, auf den Philippinen eine Spur aus Kindern, die fremdartig wie Marsmenschen sind in den asiatischen Gesellschaften. Hellerhäutig, großäugig, langnasig wie Europäer. Schwarz wie Afroamerikaner. Irisch rothaarig und schwedisch blond. Ihr Äußeres verrät den Broterwerb der Mütter, die außerhalb der Bordelle ein Leben in Ächtung führen. Noriel und sein kleinerer Bruder wissen nur, dass ihre Mutter hart arbeitet. Was sie genau macht, ahnen sie nur. Noriel verbietet dem Jüngeren zu klagen. Die Hurensöhne haben eine harte Zeit in dem Dorf, in dem sie bei Pflegeeltern untergebracht sind. „Haut ab!“, rufen ihnen die Kinder in der Schule zu. „Ihr seid Weiße, ihr gehört nicht zu uns!“ Früher hat sich die Großmutter gekümmert, als die starb, zog die Mutter in den Schlafsaal des Bordells, die Kinder gab sie fort. Jeden Monat schickt sie Geld an die Pflegeeltern, die immer mehr fordern. „Ich habe keine Wahl“, sagt Nida Quintana. „Ich kann sie nicht bei mir behalten.“ Sie arbeitet im „Walhalla“, der Bordellbar eines Dänen in Angeles City, der philippinischen Huren-Hochburg. In manchen Etablissements verdingen sich 1500 Frauen in drei Schichten. Sie sinkt auf dem Sitz eines Linienbusses in sich zusammen. Alle zwei Wochen unternimmt sie die zweistündige Reise, um die Söhne zu sehen. Im Rhythmus der Schlaglöcher fällt ihr Kopf gegen die Fensterscheibe. Sie ist betrunken, fast hätte sie die Abfahrt verpasst. Bis um sechs Uhr morgens hat ein Brite Noriels Mutter zum Trinken angehalten. „Die wollen uns immer betrunken machen. Dann lachen sie“, hat sie beim Einsteigen in den Bus noch erzählt. Als sie im Dorf der Pflegeeltern aus dem Bus steigt, mit lila Top und Pferdeschwanz, drehen sich die Alten nach ihr um. Reisbauern wie die meisten hier. Reißen ihre Münder auf und fauchen scharfe Lachtiraden. Quintana hasst es, durchs Dorf zu laufen. Vor der Tür des Pflegeelternhauses stehen ihre Kinder. Noriel, elf, Sohn eines Amerikaners, und Brian, sechs, Sohn eines Franzosen. Die Brüder lassen sich kurz von der Mutter drücken. Noriel und Brian sind die einzigen „Ausländerkinder“ an der Schule. Aber nicht im Ort. Im Nachbarhaus lebt die vierjährige Pauline, die sich immer verstecken will, unter dem Tisch, unterm Sofa, hinter Vorhängen. Sie ist das Kind eines Deutschen, eines Rentners namens Robert. Die Mutter weiß noch, dass er Musik mochte und kurze Hosen trug. Den Nachnamen kennt sie nicht. Noriels Mutter muss gehen, eine schnelle Kusshand wirft sie den Brüdern zu. Sie blieb nur eine knappe Stunde. Um 16 Uhr ist in Angeles Schichtbeginn. Dann ist die zweifache Mutter wieder die „little brown fuck machine“, so nennen die Touristen die Frauen. Die Hurenkinder sind im Betrieb des Sextourismus die lästige Nachgeburt. In Angeles werden sie meistens auch so entsorgt. Weil Abtreibungen auf den Philippinen verboten sind, floriert das Gewerbe der Engelmacherinnen, die Operationen auf dem Wohnzimmertisch vornehmen. Es gibt im städtischen Hygienebüro, wo sich die Huren alle drei Monate untersuchen lassen müssen, eine Wand mit den aktuellen Todesanzeigen. Diesmal sind in einer Woche vier dazugekommen. So groß ist das Problem, dass in der Stadt eine Klinik eine Notfall-Abteilung für misslungene Abtreibungen aufmachte. Denn Angeles boomt, keine Spur von Finanzkrise. Die politischen Unruhen in Thailand, heißt es, treiben dem Ort die Kunden zu. Die offiziell niedrigen Aidsraten, die jedoch wenig glaubhaft sind, locken außerdem. Laut Studien benutzt nur einer von drei Freiern ein Kondom, und die Pille wollen sich die Frauen nicht leisten. Priscilla Allego, 20, hastet, das zerknitterte Foto des viermonatigen Babys in der Tasche, auf der Amüsiermeile dessen Vater hinterher. Stoßweise geht ihr Atem, er darf ihr nicht entkommen. Sie will ihn stellen, sie will finanzielle Unterstützung. Der Mann ist ein Australier, um die 60, der alle paar Monate nach Angeles reist und Priscilla Allego mehrere Nächte lang bucht. Deshalb ist sie sich sicher, dass er der Vater des Kindes ist. Einmal hat sie es schon geschafft, mit ihm zu reden. „Das ist nicht mein Kind“, hatte er ihr da nur gesagt und ist weitergelaufen. Nun folgt sie ihm überallhin, vom Hotel zum Bordell und in die Kneipe, um zu kriegen, was ihr, wie sie findet, zusteht. Allego wohnt in einem ärmlichen Quartier, wenige hundert Meter von den Glitzerbars entfernt. Ohne fließend Wasser und Strom, die Gassen sind kaum breiter als ein Handkarren. Die Familien schlafen zu fünft, zu sechst in einem Raum. Hier nährt die Prostitution die Prostitution: Als in Angeles City vor wenigen Monaten die 23-jährige Barfrau Michelle einen älteren Kunden aus der Schweiz ihrer Familie vorstellte, erstarrten er und ihre Mutter. Der Schweizer hatte 20 Jahre zuvor bereits für Sex mit der Mutter gezahlt. Die Hure, die er jetzt dafür bezahlt, ist seine Tochter. Priscilla Allego erzählt diese Geschichte ohne Erstaunen. Viele Huren verwandeln ihre ungewollten Babys in bare Münze. Kinderhändler ziehen von Bar zu Bar, holen Erkundigungen über mögliche Geburten ein. Mamasans, die Vorsteherinnen der Bordelle, vermitteln die Deals. Auch bei Allego sprach ein Interessent vor. Geld versprach er ihr, die Begleichung der Krankenhauskosten, wenn sie nur die Adoptionspapiere unterschreibe. „Willst du, dass das Baby so wird wie du, eine Hure?“ bedrängte er sie. Eine Familie in Korea warte schon auf das Kind, lockte der Mann. Der Mann, der sich in den Bordellen als „Missionar“ ausgibt, ist ein Niederländer mit beruflichen Verbindungen auf die Philippinen. In den vergangenen Jahren, bestätigen Hilfsorganisationen in der Stadt, habe sich der Durchschnittspreis für ein Kind bei etwa 130 Euro eingependelt. Das entspricht etwa zehn Monatslöhnen in den Bordellen von Angeles City. Meist sind Polaroidfotos das Einzige, was die Kinder von ihren Vätern haben. Wie auch bei Noriel. Schnappschüsse, die mit den wichtigsten Familienunterlagen verwahrt werden. Die Blicke der Männer auf diesen Fotos sind trunken, lüstern und überlegen. Bierflaschen und Schnapsgläser sind selten fern. Auch William Guarino, 16, besitzt so eine Fotografie, die er hütet wie ein Heiligenbild. Der Mann, der zufällig sein Vater wurde, trägt Sonnenbrille und Bierflasche vor dem Bauch. Er ist Deutsch-Amerikaner, und der Junge sieht aus wie einer in Bremen oder Pirmasens. So europäisch sieht er aus, dass er oft auf Englisch angesprochen wird. Aber das versteht er kaum. William ist das überbehütete Küken der Familie. Sein Bruder Joseph, vier Jahre älter, lernt angestrengt, studiert mithilfe der Preda-Stiftung für arme Familien. Der macht seinen Weg. William dagegen fiel vor einigen Wochen bei den Zwischenprüfungen seiner Highschool durch und muss jetzt ein Jahr wiederholen. William träumt vor sich hin und fragt sich immer häufiger, wie viel von seinem fremden Vater in ihm ist. Damit er eines Tages das Fremde in sich versteht. Die meisten Hurenkinder bleiben Außenseiter in ihren Ländern, auch als Erwachsene. Sie leiden stärker als andere unter Depressionen. Die Suizidrate ist höher. Das zeigen Studien US-amerikanischer Stiftungen, die sich um die Kinder von GIs kümmern. In den Gefängnissen gehen viele ein und aus. Besonders schwer haben es die Nachkommen von Afroamerikanern. Nur eine einzige kleine Hilfsorganisation nimmt sich ihrer an. Die Renew-Stiftung an der Universität Oxford berät die Frauen in Rechtsfragen und unterstützt sie bei der Suche nach zahlungsunwilligen Vätern. 80 Dollar hat Williams Vater der Mutter überreicht, dann ist er gegangen. Sein Sohn, eigentlich unter Hausarrest wegen der verpatzten Prüfung, darf heute ausnahmsweise auf den Sportplatz des Viertels. Basketball ist seine Leidenschaft, der Ball sein wertvollster Besitz. Doch die Jungs, die dort bereits spielen, ignorieren ihn. Er fragt, ob er mitmachen könne. Sie grölen und juchzen. Sie schlagen ihm den Ball aus der Hand. Irgendwann geht er vom Feld und setzt sich an den Randstreifen. Er hofft bis zum Ende, dass sie ihn mitspielen lassen. Sie tun es nicht. tagesspiegel.de Wenn ich solche Berichte lese bin ich immer sehr betroffen. Ich kann mir leider nur all zu gut vorstellen, dass sich diese Meldung nicht auf Asien beschränkt, sondern überall dort traurige Wahrheit ist, wo Sextourismus boomt. Ja, ich gebe zu, dass ich dann auch Tränen in den Augen habe und mir wahrscheinlich mehr Gedanken um diese Kinder mache, als der Mann, der sie mit verantwortet hat. Die Kinder können am wenigsten für ihre Existenz, sie sind da. Mit welch einem Trauma müssen sie aufwachsen... nur weil Männer zu egoistisch sind und auf ein Kondom verzichten. Ist es das wirklich wert? LG Tanja
Kurz vorab. Nein wert ist es nicht. Man darf jetzt aber nicht auf alle Männer einschlagen, die in solchen Ländern den Dienst der Damen in Anspruch nehmen. Es ist doch dort nicht anders als hier auch. Agebot und Nachfrage bestimmen den Markt. Ich weiss nicht wie hoch der Anteil der AO-Konsumenten in Asien ist bzw. wie hoch er hier ist. Ist er in Asien höher? Ich denke, das die Damen dort leider nicht so aufgeklärt sind, wie hier. Das ist ein Aspekt, den man berücksichtigen sollte. Aber grds. gebe ich dir Recht, für die Kinder ist das eine ganz blöde Situation. Allerdings lässt das "Ausgrenzen" dieser Kinder bzw. das "Betiteln" auch nicht gerade auf hohes Nivaeu schliessen. Denn immerhin, haben die Damen was für ihr Einkommen getan.
Ich darf mir erlauben zu den Thema "Hurenkinder" zu verlinken. Dieses Thema hatten wir in ähnlicher Form dort bereits. Was nicht heisst das es nicht wert ist weiter zu besprechen. Ganz in Gegenteil Ich war mal so frei und habe die Themen zusammengeführt und ein wenig mehr in den Forenblickpunkt (Nun OT statt Pressemeldungen oder Reisespass) geschoben. M.
ich schlage nicht auf Männer ein, mir persönlich ist es auch egal, ob jemand AO poppt oder nicht. Diese Kinder gibt es sicher auch in Deutschland! Aber das rechtfertigt es in meinen Augen noch immer nicht, dass man die eventuelle Unwissenheit aus egoistischen Gründen "aus"nutzt..... ich finde es verantwortungslos gegenüber dem eventuell entstehenden Leben. Ist nur meine Meinung, die niemand teilen muss. Ich wäre schon froh, wenn es wenigstens den ein oder anderen zum Nachdenken anregt..... LG Tanja
War auch nicht auf dich bezogen. Zustimmung. Es müsste vor Ort mehr Betreuung und Aufklärung betrieben werden, damit man solche Dinge zumindestens auf ein Minimum reduziert, denn ganz bekämpfen kann man dies wohl nicht. Also mindestens einen hast du angeregt; zum Nachdenken. P.S. Kann man doch mit Gershi`s Beitrag verknüpfen. Erledigt. s.o.
Hurenkinder tragen ja fast immer 'ne schwerere soziale Bürde (ein Thema für sich), nicht nur in Sextourismus-Ländern. Speziell in der 3. Welt, wo sie – rassisch identifizierbar – oft als Ausgestoßene leben, sind sie zudem heute in Gefahr, als "Material" auf den Adoptions- und Kinderhandels"markt" zu gelangen. Terre des Hommes meint dazu, diese Kinder sollten - trotz allem - jedenfalls besser in ihrem Heimatland verbleiben:
Mein Papa, der Sextourist Unterschätzte 'Gefahren' oder besser Folgen durch bedenkenloses AOi (i=injection), die gerne verdrängt werden. Außer HIV und anderen STD's kanns noch andere Andenken geben. Macht betroffen.
Gehört jetzt nur halb zumThema, aber den Absolutheitsanspruch von Terre des Hommes würde ich jetzt nicht so teilen. Oder meint Ihr der ehemalige Vizekanzler Philipp Rösler würde das genau so unterschreiben? (geht jetzt allgemein zum Thema Auslandsadoption) Extrem kompliziertes Thema, ich weiss. Gerade deswegen sollte man schwarz-weiss denken hier unterlassen.